Es geht auch mit rundstrahlenden Antennen

Oft genutzter Vertikalantenne von Funkamateure - Bild HB9RTJ, Röbi
Oft genutzter Vertikalantenne von Funkamateure - Bild HB9RTJ, Röbi

Üblicherweise assoziiert man Satellitenfunk im VHF/UHF-Bereich mit Richtstrahlantennen. Ob diese nun über einen Rotor oder mit blosser Hand in Azimut und Elevation nachgeführt werden, macht erst mal kein Unterschied. 

Hin und wieder hört man von Omni-Antennen, welche ebenfalls Erfolg versprechen. 

Was dahinter steckt, zeige ich im folgenden Beitrag.

 

Ich behaupte einfach mal so ins Blaue - so sagt mir mein Bauchgefühl - dass über 90% aller Funkamateure von zu Hause aus im VHF/UHF Bereich "nur" über eine Vertikalantenne senden und empfangen. (Modell "Blindenstock" X30, X50, etc...) Und da wir Funkamateure ja so gerne experimentieren, will man auch mal herausfinden, ob der Betrieb über Satellit funktioniert oder nicht. Um es vorweg zu nehmen: Klar funktioniert das.

Die Herausforderung bei solchen Antennen ist aber die Strecken- und Freiraumdämpfung, sowie die Signaleffekte.

Damit ich hier nicht redundant zu meinen vorherigen Beiträge werde, hier als Einschub zwei Hinweise:

 

In meinem Beitrag "Wie man einen Satelliten in die Knie zwingt" bin ich unter anderem auf die Strecken- und Freiraumdämpfung eingegangen. Im Beitrag ist auch ein Exceltool hinterlegt, mit welchem man die notwendige Eigenschaften einer Sende- und Empfangsanlage für seine Bedürfnisse ermitteln kann.

Als Basis dazu dient der zweite Beitrag "Lebendige Frequenzen" , Aus diesem lässt sich ableiten, wieso reine vertikal oder horizontal polarisierte Antennen nur die halbe Miete sind. ABER - es funktioniert eben trotzdem, und diese Erkenntnis macht in der Praxis richtig Spass.

Was jedoch in beiden Beiträgen nur am Rand behandelt wird, ist die Sicht aus der Nutzung von reinen rundstrahlenden Antennen.

 

Doch was bedeutet genau rundstrahlend?

Für die Lizenzprüfung haben wir uns in etwa folgende Definition eingeprägt, der auch in Wikipedia zu finden ist.

 

Zitat:

"Der Begriff „rundstrahlend“ bezeichnet dabei die nach allen Richtungen (in der horizontalen Ebene) gleichförmige Abstrahlcharakteristik der Antenne."

Zitat Ende

 

Diese Definition besagt also, dass die horizontale Abstrahlung (vertikal polarisiert!) der Wellen 360° um den Antennenstab herum ist. Das lass ich mal so in der Theorie stehen, da es ja auch grundsätzlich stimmt. In der Praxis gibt es jedoch geringe Abweichungen durch Umgebungseinflüsse. (Hmm, darüber könnte ich vielleicht mal einen separaten Beitrag schreiben..)

 

Die obige Definition beschreibt jedoch nicht, bis zur welcher Elevation eine solche Rundstrahlantenne strahlt. Das kann sie auch nicht, da diese grundsätzlich erst einmal von der Bauform der Antenne abhängig ist.

Für den Betrieb über Satellit ist diese Eigenschaft gut zu wissen, da ja die Satelliten nicht nur am Horizont entlang fliegen, sondern ihre Bahnen über alle Bereiche unserer Hemisphäre ziehen können.

 

Uns interessiert somit der vertikale Öffnungswinkel einer Rundstrahlantenne. Schauen wir uns dazu zwei bekannte Antennen genauer an, die stellvertretend für weitere Antennen gleicher Bauart herhalten dürfen:

Technische Daten X 50 (Herstellerangaben):

Länge: 1,3m

Gewinn 2m: 0 dBd

Gewinn 70cm: 3,4 dBd

Strahlungsdiagramm:

Technische Daten X200 (Herstellerangaben):

Länge: 2,5m

Gewinn 2m: 3,9 dBd

Gewinn 70cm: 5,9 dBd

Strahlungsdiagramm:

Wie wir aus den Diagrammen ableiten können, ist ein Betrieb über Satellit von 0 - ca. 15° und dann nochmals bei ca. 45° bei der X30 sehr gut möglich. Bei der X-200 muss man freies "Schussfeld" zum Horizont haben, damit es funktioniert. Natürlich wirkt die Umgebung nochmals zusätzlich ein, so dass durchaus auch andere vertikale Bezugspunkte an der Hemisphäre möglich sein können.  Aber vielleicht dämmert es nun manchem Funkamateur, wieso die Antennen auf 70cm ihre Leistung nicht voll ausspielen.

Unsere Anforderung ist also eine Antenne, welche die Hemisphäre in der horizontalen Ebene vom 0°-360°, und in der vertikalen Ebene von 0° - 90° abdeckt. 

Und tatsächlich gibt es solche Antennen, welcher diesen Anforderungen teilweise sehr Nahe kommen. Diese findet man jedoch selten ab Stange für unseren Gebrauch. Dafür gibt es aber gute Bauanleitungen, was ja uns Funkamateuren sehr entgegen kommt. Hier eine grobe Übersicht:

Beginnen wir bei der Lindenblad-Antenne

Hin und wieder wird diese Antenne fälschlicherweise mit der Big Wheel verwechselt, welche eher mit einem "Laubblatt" assoziiert werden kann, als andere Antennen. Dabei hat Lindenblad nichts mit einem Laubblatt zu tun, sondern mit dessen Entwickler: Nils Lindenblad. Er war ein "Entwickler bei Radio Coperation of America". Seine Entwicklung wurde mit dem Aufkommen mit dem Flugfunk im VHF-Bereich eingesetzt, wo man auf möglichst fadingfreie Signale setzte.
Die ursprüngliche Lindenblad-Antenne bestand aus vier horizontalen Dipolen. Quasi in jede Himmelsrichtung ein Dipol. Die Lage jedes Dipol ist jedoch um 30° zum Horizont versetzt. So erreicht man einen viel grösseren vertikalen Öffnungswinkel. Und da jeder Dipol in eine Himmelsrichtung strahlt, haben wir schon die fast perfekte Abdeckung der Hemisphere. Die Dipole müssen allerdings phasenverschoben gespiesen werden, damit die Zirkularität gegeben ist. Gleichzeitig wird mit diesen Phasenleitung auch gleich noch die Anpassung vorgenommen.

Das dies etwas viel "Kabelsalat werden kann", hat auch AA2TX. erkannt. Er hat die Lindenblad dahingehend optimiert, in dem er einen vertikalen Dipol genommen hat, und die bisherigen horizontale Dipole der Lindenblad Antenne als parasitäre Elemente wirken liess. (Siehe Quellverzeichnis). Diese vereinfachte Bauweise zeigt sehr gute Resultate.

Die Quadrifilare Helixantenne wurde bei der HSLU beim Swiss Space Summer Camp von Studenten gebaut
Die Quadrifilare Helixantenne wurde bei der HSLU beim Swiss Space Summer Camp von Studenten gebaut

Ein der wohl aussergewöhnlichsten Antennen, die mir in meiner Amateurfunkzeit bisher begegnet ist, ist die Quadrifilare Helix Antenne

Helix-Antennen (oft auch Wendelantennen) genannt, sind im Satellitenfunk, vor allem auf den Bädern 23cm und 13cm sehr verbreitet. Sie sind relativ einfach aufzubauen und sind konstruktionsbedingt bereits zirkular polarisiert. Nur sind diese Helixantennen gleichzeitig auch Richtantennen und sind zu unserer Fragestellung nicht relevant. Aber es gibt im Sinne der Helix auch eine omnidirektionale Antenne: Die Quadrifilare Helix Antenne.

 

Nun, die Person, welche die Quadrifilare Helix Antenne entwickelt hat, muss über grosses KnowHow besitzen und viel darüber nachgedacht haben. Die Funktionsweise ist schwierig zu beschreiben. Selbst der entsprechende Artikel in Wikipedia ist wage beschrieben. 

Konkreter wird R.W. Hollander in seinem Artikel zu dieser Antenne. 1947 konzipierten G.H. Brown und O.M. Woodward konzipierten eine Antenne, die aus einem vertikalem Dipol und einem horizontalem Loop bestand. Durch die phasenverschobene Speisung beider Antennen, erreichten sie die gewünschte Abdeckung der Hemisphäre.

C.C. Kilgus entwickelte auf Basis dieses Konzeptes die quadrifilare Helixantenne. Er hat herausgefunden, dass zwei in sich verdrillte Rahmenantennen den gleichen Effekt erreichen können. Im Prinzip sind die beiden Rahmen um 90° verschachtelt ineinander gefügt und zusätzlich um 180° in Torsion "verdreht".  Er veröffentlichte sein Konzept zu dieser Antenne 1968 in der Fachzeitschrift IEEE Transactions on Information Theory.

 

Die Quadrifilare Helix ist nach meiner persönlichen Einschätzung die bisher effizienteste Rundstrahl-Antenne, welche für den Satellitenbereich eingesetzt werden kann. Von den vorgestellten Antennen, deckt sie die Hemisphäre am besten ab. (Siehe weiter unten). Die Herausforderung für den Funkamateur liegt bei dieser Antenne klar in der mechanischen Konstruktion.

Aufbau einer Turnstile Antenne bei Röbi, HB9RTJ
Aufbau einer Turnstile Antenne bei Röbi, HB9RTJ

Die Turnstile Antenne ist weit verbreitet. Sie macht nicht so einen "wilden" optischen Eindruck wie die Lindenblad. Ihr Vorteil liegt auch in der einfacheren Bauweise.

Die Grundlage sind zwei Dipole, die 90° zueinander auf einem Mast/Boom montiert werden. Darum wird sie im deutschen Sprachraum auch als Kreuzdipol bezeichnet. Wortwörtlich müsste es Drehkreuzdipol heissen. Denn genau hier liegt die Funktion dieser Antenne:

Die Speisung der Dipole muss zirkular erfolgen. Dabei spielt es keine Rolle ob Rechts- oder Linksdrehend.

Unterhalb der Dipole wird jeweils ein Reflektor angebracht. Dadurch erhält die Antenne sogar einen kleinen Gewinn.

Grundsätzlich ist die Turnstile Antenne horizontal Polarisiert. 

 

Die Antenne ist wegen ihrer Einfachheit weit verbreitet. Es gibt verschiedene Anleitungen zum Nachbau im Netz zu finden. Die AMSAT-UK hatte eine Zeitlang diese im Shop speziell für ihr Funcube-Programm angeboten.

Auch die berühmte Goonhilly Station, welche auch den Web-SDR für QO-100 bereit stellt, setzt diese Antenne ein, wie folgender Tweet zeigt. Sehr speziell: Diese ist an einem Web-SDR angeschlossen. So können man über den Web-SDR sich einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit einer Turnstile-Antenne verschaffen.

 

Bisher habe ich in diesem Bericht noch kein Wort über den vertikalen Öffnungswinkel dieser drei Antennen verloren. Die möchte ich, resp. PYZBZ gleich nachliefern.

Er hat alle Antennen verglichen  und entsprechende Strahlungsdiagramme für den Vergleich erstellt. Hier wird deutlich, dass die Quadrifilare Helix Antenne klar als Gewinner hervor geht:

Bild credits by PY4ZBZ - https://www.qsl.net/py4zbz/antenas/comp4m.png

Update vom 22.10.2020 - Eggbeater Antenne

 

Den Grossteil dieses Beitrags habe ich im Lockdown im Frühling 2020 geschrieben. Als Platzhalter war die Eggbeater-Antenne vorgesehen. Aus irgend einem Grund ist mir dieser Platzhalter entgangen und die Eggbeater vergessen. Bob W2ZF, hat mich via Twitter auf die fehlende Antenne aufmerksam gemacht, die ich nun gerne nachliefere.

 

Was im deutschen Sprachraum der Schwingbesen, Schneebesen oder Schaumschläger ist, wird im angelsächsischen Raum als Eggbeater bezeichnet. Somit ist klar, dass es die Form der Antenne sein muss, welche die Namensgebung "Eggbeater" nahe legt.

Die Antenne wird kommerziell von M2 gefertigt.  Und obwohl deren Design ein gute Abdeckung der Hemisphäre vermuten lässt, zeigt das Strahlungsdiagramm ein anderes Bild: Sie verfügt sehr wohl nach oben eine sehr gute Abdeckung der Hemisphäre. Aber die ersten 30° Elevation sehen doch eher düster aus. In Talgebieten, umgeben von vielen Bergen, scheint mir die kommerzielle Version eine geeignete Antenne zu sein. Wer aber an seinem QTH einen freien Blick Richtung Horizont hat, wird vermutlich erst einmal endtäuscht sein.

 

Strahlungsdiagramm M2 Eggbeater - Credits M2 https://www.m2inc.com/FGEB144RK2M

K5OE hat eine eigene Variante entwickelt. Jerry bezeichnet sie auch als "Texas Potato Masher" oder "Eggbeater 2". Diese deckt den Horizont perfekt ab, hat allerdings ab 30° eine "Delle" im Strahlungsdiagramm. Allerdings sind dort die Satelliten auch schon viel näher, was somit in einem relativ gleichförmigen Signalverlauf bei diesem Design ändert.

 

ON6WG/F5VIF hat sich dem Thema Eggbeater ebenfalls gewidmet - und optimiert. Denn die Orginal-Eggbeater benötigt eine Phasenleitung mit 93 Ohm. Solche Koaxkabel sind schwierig erhältlich. Er hat die Feedleitung mit zwei parallel geschalteten 50 Ohm Kabel realisiert. Zusätzlich arbeitet er im Speisepunkt mit Ferriten als Symetrierung. Sein Design hat ein Recht homogenes Strahlungsdiagramm. In seinem Bericht hat er die Antenne sehr gut ausgemessen und empfiehlt sie sehr für den Einsatz bei LEO-Satelliten.

 

Robert J. Meade, KB3WFQ, stellt auf seinem Youtube Kanal beide Versionen der Eggbeater vor:

Gegenüber der "Volksantenne Blindenstock" haben die hier vorgestellten Antennen einen klaren Vorteil bezüglich vertikalem Öffnungswinkel.  Die Blindenstock-Antenne selbst sind aber bereits schon teilweise Satellitenbetrieb möglich.

 

Der Nachteil der Omni-Antennen für den Satellitenbetrieb ist, dass diese nur in einer Monobandversion funktionieren. 

Anthony, AA2TX, hat in seiner Publikation eine Kombination seiner parasitären Lindenblad aufgezeigt, welche die VHF und UHF Antennen als eine Einheit wahr genommen wird und dadurch einigermassen platzsparend aufgebaut werden kann.

 

Wunder darf man aber auch nicht von diesen Antennen erwarten. Ihre Bauweise gibt schon eine fixe zirkulare Drehrichtung vor. So sind auch hier Polarisationseffekte zu erwarten. Bei der Turnstile-Antenne könnte man sich überlegen, die Drehrichtung mit einer entsprechenden Relaissteurung schaltbar zu realisieren. Dann kann die optimale Polarisation immer entsprechend geschaltet werden. Oder man arbeitet mit zwei unterschiedlichen Antennen (jeweils eine Verizon für Links- und Rechtsdrehend) und schaltet jeweils auf jene Antenne mit dem besseren Signal (oder realisiert sogar eine Diversity Empfangsanlage). Aber dann wächst der Antennenwald sicher rasch an.

 

Generell empfehle ich einen Empfangsverstärker unmittelbar am Antennenfuss einzufügen. Auch das Verwenden von dämpfungsarmen Koaxkabel ist schon nicht ganz so falsch. Und auch der Merksatz "um so höher um so besser" macht auch bei diesen Antennen keine Ausnahme.

 

Ja, wie wir Funkamateure es immer wieder feststellen müssen: Wunderantennen gibt es nicht. Man muss sich für seine Bedürfnisse die beste Antenne aussuchen - und dabei die Kompromisse akzeptieren.

Quellen:

Antennenvergleichvon PY4ZBZ: https://www.qsl.net/py4zbz/4ant.htm

Wikipedia Rundtrahlantennen: https://de.wikipedia.org/wiki/Rundstrahlantenne

Datenblatt zu X50 und X90

Klassische Lindenblad Antenne: https://www.amsat.org/amsat/articles/w6shp/lindy.html

Optimierte Lindenblad von AA2TX: https://www.amsat.org/wordpress/wp-content/uploads/2014/01/70ParaLindy.pdf

Optimierte Lindenblad (2m/70cm) von AA2TX: https://www.amsat.org/wordpress/wp-content/uploads/2015/08/An-EZ-Lindenblad-Antenna-for-2-Meters2.pdf

AMSAT-DL Journal 3/2011: Omnidirektionale Antenne für den Satellitenfunk

Basics of QHA: http://orbanmicrowave.com/wp-content/uploads/2015/03/TheBasicsofQuadrifilarHelixAntennas.pdf

Wikipedia - Quadrifilare Helix Antenne: https://de.wikipedia.org/wiki/Wendelantenne#Quadrifilare_Helixantenne

C. Kilgus Veröffentlichung im IEEE Magazin: https://ieeexplore.ieee.org/document/1139231

Untersuchung von R.W. Hollander zur Quadrifilaren Helixantenne http://www.kunstmanen.net/WKfiles/Techdocs/RQHA/RQHA1999-1eng.pdf

Goonhilly VHF Web SDR (Turnstile Antenne): https://vhf-goonhilly.batc.org.uk/?tune=145800fm

K5OE Texas Potato Masher: http://wb5rmg.somenet.net/k5oe/Eggbeater_2.html

 

ON6WG Egbeater: https://on6wg.pagesperso-orange.fr/Doc/Antenne%20Eggbeater-Engl-Part1-Full.pdf

 

 

 

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