Ein feuerspeiender Drachen der auch funkt

Crew Dragon nutzte beim Andocken an der ISS das CUCU System bei 400,15-401,0 MHz - Bild Credits: NASA/Space-X
Crew Dragon nutzte beim Andocken an der ISS das CUCU System bei 400,15-401,0 MHz - Bild Credits: NASA/Space-X

SpaceX geht eigene Wege. Das beweisen sie nicht nur im futuristischen Design ihrer Raumschiffe oder Raumanzüge, sondern auch in der Entwicklung dieser Komponenten. Sehr gut kann man das derzeit in Boca Chica bei der Entwicklung von Starship beobachten. Wer es noch nicht kennt, dem empfehle ich folgende Webseite sehr .

 

Auch wenn es auf der Prioritätenliste der Ingenieure etwas später kommt, interessiert uns Funkamateure viel mehr, wie und mit welchen Mitteln diese Raumfähren kommunizieren.

Um diese Frage genauer zu beantworten, bedarf es ein wenig Hintergrundwissen, um die schlussendliche Wahl und Anwendung der verschiedenen Systemen nachvollziehen zu können.

 

Unabhängig ob NASA oder SpaceX: Nebst der Voice Kommunikation (Housten, We've Had a Problem) muss parallel auch eine Unmenge von Daten übermittelt werden. Und nicht zu Letzt möchte auch der gemeine Space-Nerd möglichst ohne Verlust durch Latenz so Nahe wie möglich am Geschehen mit dabei sein. Dazu gehören die Live-Bilder in HD-Qualität auf NASA-TV welche ebenfalls über diese Frequenzen gesendet werden. Dazu benötigt es logischerweise etwas mehr, als 5kHz Bandbreite in FM-Modulation. Nebst der übermittlungen grosser Datenmengen muss auch die Kommunikation mit der orbitalen Raumfähre möglichst nahtlos sichergestellt werden, egal wo sich das Raumschiff gerade über der Mutter Erde befindet. Von einer sicheren Kommunikation hängt auch der Erfolg der Mission, ja auch das Leben der Astronauten ab.

Canarvon, Australien Bild Credits: Michi-dani.ch
Canarvon, Australien Bild Credits: Michi-dani.ch

Schon zu Beginn des Raumfahrtzeitalters stand man vor dem Problem, die Mission rund um die Uhr verfolgen zu müssen, damit man rechtzeitig auf unerwünschte Anomalien reagieren konnte. Damals war man auf bodengestützte Kommunikation angewiesen, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Flotte von (geostationären) Relay-Satelliten gab.

 

Also baute man sich ein damals ein weltweites Netz von mehrere Bodenstationen auf, welche die Missionen abschnittsweise verfolgen konnten. Pennsylvania, Madrid und Canberra waren jene berühmte Stationen, welche in den Medien gerne immer wieder genannt wurden. Es gab auch viele "kleinere" Stationen, wie Canarvon in Westaustralien (Bild), welche einen erheblichen Anteil am Erfolg der Missionen hatten. Aber auch Schiffe waren mit Kommunikationsanlagen ins Meer gestochen um einen Teil der Mission begleiten und sicherstellen zu können.

 

Und dann gab es noch die grossen weisse Flecken auf der Weltkarte, die für Funkstille sorgten: Die Sowjetunion stellte im kalten Krieg ein Funkloch dar. Natürlich galt diese Aussage auch umgekehrt, als die Russen mit ihren Missionen über den Westen flogen. Oft war Funkstille angesagt um ja nichts über die Mission zu verraten. Ausser man wollte unbedingt, dass der Gegner vom eigenen technischen Fortschritt erfuhr. Dann wurde gerne die Funkstille gebrochen.

 

Die direkte 1:1 Kommunikation mit dem Raumschiff, ohne irgendwelche Relais auf der Erde oder im Weltraum, ist jene mit der geringsten Latenz. Näher kommt man den Raumfahrern zeitlich nicht sein.  Eine solche Kommunikationsinfrastruktur  ist im Aufbau und Betrieb sehr aufwändig. Erst recht,  wenn der Anspruch auf ein engmaschiges, nahtloses System besteht: Hunderte von Stationen weltweit wären dazu notwendig. Und: Irgendwie müssen die Information von und nach Mission-Control übermittelt werden. Das bedeutet aber wiederum eine Re-Transmission (damals meist über Kurzwelle) oder Telefon-Standleitungen.

 

Das ein bodengestütztes Netzwerk keine Lösung auf die Dauer ist, war der NASA schon früh bewusst. Anfang der 70er beschäftigten sie sich mit der Idee eines Satelliten-Netzwerks. Erst jedoch mit dem Space-Shuttle konnte das Konzept eingeführt werden. Jedoch nicht vom ersten Flug an. 1983 wurde der erste TDRS (Tracking and Data Relay Satellite) in den Orbit geschossen. Einer reichte jedoch für eine Netzwerk nicht aus. Weitere folgten. Inzwischen ist die dritte Generation dieser Satelliten im Einsatz. TDRS-M war bisher der letzte in dieser Flotte und fand am 18.08.2017 seinen Weg in den Orbit. Mit diesen Satelliten wurden nicht nur die Shuttles unterstützt, sondern ermöglichen derzeit auch die Kommunikation mit Hubble, ISS und auch Dragon.

Das SpaceX/NASA Kommunikations Netzwerk - Credits: SpaceX/NASA
Das SpaceX/NASA Kommunikations Netzwerk - Credits: SpaceX/NASA

Somit sind wir also wieder bei Crew Dragon angelangt. Wie funkt also der Drache?
Auf der einen Seite kommuniziert Crew Dragon via dem NASA TDRS Netz sowohl mit der ISS wie auch mit den verschiedenen Kontrollzentren auf der Erde. Die dazu genutze Frequenzen liegen im S- und X- Band (2,15 GHz und 14,3 Ghz) Die Kommunikation ist digital. Es werden gleichzeitig Voice und Daten übermittelt.

 

Auf der anderen Seite nutzt SpaceX auch eine eigene Kommunikation-Infrastruktur, mit welcher sie mit Crew Dragon direkt kommunizieren können. Die von der FCC vergebene Frequenz ist 2216 MHz. Wie nun aber verschiedene Funkamateure berichten, wird auch die Frequenz 2272,5 MHz verwendet. Bisher hat man raus gefunden, dass es sich um ein FSK Signal handelt mit einer Datenrate von 2,35 Mbaud bei einer vermutlichen Bandbreite von 800kHz.

 

Daniel, EA4GPZ ist einer dieser Funkamateure, welche sich das Signal genauer angeschaut hat. Ihm ist es gelungen, das Protokoll zu ermitteln und das Signal zu decodieren. Sein Wissen versteckt er nicht. Die GNU-Radio Konfiguration, hat er nebst vielen weiteren Informationen in seinem Blog veröffentlicht.

 

Wer sich für das Decodieren von Telemetriedaten interessiert, empfehle ich den Blog von Daniel, EA4GPZ sehr. Er bietet auch eigene auf GNU-Radio basierende Lösungen an, mit welchen man praktisch jede Mission, welche Amateurfunkfrequenzen nutzt, decodieren kann.

Er verfolgt nicht nur Dragon oder Amateurfunksatelliten. Er spürt auch die Signale von Mars 2020 und anderen inteplanetaren Missionen auf. Aus den gewonnen Erkenntnissen kann er viel aus den Missionen erfahren. Im Moment z.B. kann er Rückschlüsse auf die Bahnmanöver durchführen, welche für einen Aussenstehenden sehr lehrreich sind.

Die Antennen befinden sich laut dieser Zeichnung an der "Oberseite" von Dragon - Credits: SpaceX
Die Antennen befinden sich laut dieser Zeichnung an der "Oberseite" von Dragon - Credits: SpaceX

Kommen wir nochmals auf Crew Dragon zurück. Mit diesen Beiden Kommunikationskanälen ist es noch nicht vorbei. Zu Beginn des NASA COTS Programm (Commercial Orbital Transport Service) hat sich die NASA auch über weitere Kommunikationsinfrastrukturen Gedanken gemacht. Diese gilt nicht nur für SpaceX, sondern für alle kommerziellen Partner, die an einer NASA-Mission beteiligt sind. So gibt es speziell für die Annäherung an die ISS eine Frequenz, die im Bereich zwischen 400,15 - 401,0 MHz liegt. Dieser Bereich wird für die NASA auch für experimentelle Zwecke verwendet. Der verwendete Kanal hat eine Bandbreite von 300 kHz. Die genaue Frequenz ist mir noch unbekannt.

 

Es ist anzunehmen, dass Crew Dragon zusätzlich noch über weitere Kommunikations-Kapazitäten verfügt. Quellen dazu habe ich noch keine gefunden. Da müssen wohl erst ein paar Missionen geflogen werden, bis auch diese zur Anwendung kommen werden.

 

Offen bleiben für mich in diesem Zusammenhang zwei Fragen:
Erstens: Wird SpaceX auch auf Starlink als Netzwerk zugreifen? Und zweitens: Wie wird das Netzwerk einmal aussehen, wenn zum Mond oder Mars kommuniziert wird?

 

Die Feuerprobe hat SpaceX nun aber mit ihrem feuerspeienden Drachen bestanden.

Ich finde es immer wieder faszinierend, mit welchem Ehrgeiz sich Funkamateure mit den Weltraummissionen auseinandersetzen. Forschen und Experimentieren gehören unter Anderem zur Definition des Amateurfunkdienst. Leider wird dieser Aspekt von den PR-Fachleuten der Funkamateure viel zu wenig heraus gearbeitet und ausgeschlachtet. 

 

Ungeachtet dessen, und schon ein wenig peinlich, zum Schluss ein etwas "sensationsgeiler", oder übereifriger Beitrag, der bereits mehrfach auf Youtube herumgeistert. Ein Funkamateur will mit der Crew Dragon bereits via Amateurfunk Kontakt aufgenommen haben. Was im ersten Moment fantastisch klingt, zeigt sich aber relativ schnell als eine "Ente". Bei einer Demo-Mission, bei welcher es um die Zertifizierung und Freigabe der Einsatztauglichkeit der NASA geht, wird wohl kaum ein Amateurfunksystem zu Einsatz kommen.

Sogar die NASA hat inzwischen diesem Kontakt offiziell widersprochen. Interessant dabei: Die NASA hat dazu bei SpaceX nachgefragt, ob ein solcher Kontakt tatsächlich statt gefunden haben könnte. Hmmm - darf man nun zwischen den Zeilen heraus lesen, dass SpaceX in der Crew Dragon entsprechende Kommunikationskapazitäten im Amateurfunkbereich besitzt? Bevor ich hier ebenfalls eine ungewollte Ente los lasse, schliesse ich diesen Blogeintrag. 

Good DX!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Wolfgang (HB9RYZ) (Mittwoch, 05 August 2020 17:20)

    Hallo Michi - super Artikel, gut und interessant zu lesen :-) 73 Wolfgang HB9RYZ

  • #2

    Michi, HB9WDF (Sonntag, 23 August 2020 11:36)

    Hallo Wolfgang
    Danke für Dein Feedback. Freue mich sehr darüber :-)
    73s Michi, hb9wdf