Good bye Arecibo Observatory

Vom Balkon des Besucherzentrums fotografiert: Der 300m Spiegel von Arecibo
Vom Balkon des Besucherzentrums fotografiert: Der 300m Spiegel von Arecibo

Es sind die ausserordentlichen Ereignisse, die eine Planung durchkreuzen. So auch in meinem Blog. Die öffentliche Wahrnehmung über das Arecibo Observatorium ist normalerweise sehr gering. Nun ist es kollabiert, was mir persönlich etwas nahe geht und mich daher veranlasst hat, diesen Kurzbeitrag ausserhalb des 10-Tage Rhythmus darüber zu schreiben.

 

2013 unternahm ich auf eigene Faust eine Reise quer durch die Karibik. Das Abenteuer, eine Reise alleine in für mich unbekannte Gebiete zu unternehmen, haben mich sehr geprägt. Ich erlebte alles viel intensiver als sonst.

 

Auch Puerto Rico stand auf dem Reiseprogramm. Gerade wegen des 300m grossen Spiegels des Radio Observatoriums in der Nähe von Arecibo. Wie man auf den Bildern unten sehen kann, sah der Spiegel schon damals durch die Witterungseinflüsse recht mitgenommen aus. Trotzdem haben sich die Erlebnisse in meinem Gehirn nachhaltig eingebrannt, da ich bei meinen Besuchen beim Observatorium viel neues aus der Funktechnik, Physik und Astrophysik lernen konnte.

Schon im Jahr 2013 musste ich vor Ort erfahren, dass die Finanzierung dieses Werks auf wackeligen Beinen stand. Vor meinem Besuch wütete noch ein Wirbelsturm auf der Insel. Ausser Witterungsschäden war damals glücklicherweise nicht viel sichtbar. Doch die Wirbelstürme wurden vor allem in den letzten zwei Jahren dort immer häufiger und kräftiger. Nun ist vor ein paar Tagen ein Trägerseil gerissen und hat ein grosses Loch in den Hauptreflektor geschlagen. Der Hauptreflektor mit 20mm Durchmesser besteht aus 38'778 individuellen Gitterpanelen die mit Spezialschuhen betreten werden können. Diese individuellen Panels genau machen die Rekonstruktion so schwierig und teuer. Vermutlich waren es auch noch weitere, zusätzliche Gründe, die kürzlich zum Entscheid führten, das Observatorium ganz abzubrechen.

 

Als hätte es der Spiegel gehört, ist er nun vor wenigen Tagen ganz kollabiert: Während einer Inspektion mit Drohnen sind die Seile des Feedsystems gerissen und der 9,5 Tonnen schwere Zentral-Feed ist dadurch aus 150m Höhe auf den Hauptreflektor runter gestürzt. Das Schicksal des Observatoriums ist nun definitiv besiegelt.

Hier ein Video, von diesem tragischen Moment:

Interessant: Der bekannte Raumfahrt-Youtuber Scott Manley sieht einen Zusammenhang mit einem Erdbeben, das zum Zeitpunkt des Kollaps statt fand:

Binärische Pulsare! Das ist aus meiner Ansicht die grösste wissenschaftliche Entdeckung, welche Arecibo hervorgebracht hat.  Hulse und Taylor erhielten dafür den Physik Nobelpreis. Ja, genau der Taylor - Joe Taylor, K1JT. Im Besucherzentrum in Arecibo kann man die Medaille in der Ausstellung bestaunen.

Nebst vielen interessanten wissenschaftlichen Entdeckungen, gab es mit Hilfe des Observatoriums auch mal einen erfolgreichen Wiederbelebungsversuch der alten NASA-Raumsonde ICE/ISEE-3. Bei dieser Aktion war die Bochumer Sternwarte mit AMSAT-DL von der Partie. Die AMSAT-DL hat von Bochum aus  nicht nur die S-Band Signale empfangen, sondern hat auch einen durch DK2FD gebauten Sendeverstärker für Arecibo zu diesem Projekt innerhalb von nur 4 Wochen bereit gestellt!

Die Ereignisse mit ISEE-3 fanden nach meinem Besuch in Arecibo statt. Dadurch habe ich aber das Ereignis noch viel intensiver verfolgt.

Nun ist das Arecibo Obervatorium Geschichte. "Bye bye Arecibo Observatory, you was a good one".

 

Meine Erlebnisse habe ich auf dieser Webseite als Reisebericht festgehalten. Im AMSAT-DL Journal habe ich diese Geschichte etwas mehr technisch bezogen veröffentlicht. Und ein kleiner Blogeintrag gab es damals darüber bei HB9LU.

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