Der IC-9700 im Satellitenbetrieb

Die Satellitengemeinde mussten viele Jahre warten, bis wieder ein richtiger Vollblut Transceiver mit Sat-Modus auf den Markt kam. Bei mir stand (und steht heute immer noch) der FT-736R für diese Betriebsart seit 1995 im Shack. Oft habe ich über einen Ersatz nachgedacht. Der TS-2000 hatte ich lange im Fokus. Aber auch dieses Gerät hat schon 20 Jahre auf dem Buckel und entspricht nicht mehr ganz den heutigen Anforderungen. Lange habe ich auf einen TRX von Yaesu gehofft, doch die scheinen die Trends zu verschlafen. Icom hingegen jedoch nicht. Der Transceiver ist wie eine Bombe eingeschlagen.

Bei meinem Händler meines Vertrauens habe ich eines der ersten verfügbaren Exemplare in HB9 ergattern können. 13001056 lautet die Seriennummer. Da es sicher keine 13 Millionen Geräte sind, gehe ich mal davon aus, dass es Gerät Nr. 1056 ist. Seit dem ist das Gerät bei mir seit gut zwei Jahren im Shack im Einsatz: 24 Stunden x 7 Tage das ganze Jahr über. Mit mehr als 17'000 Stunden Dauerbetrieb denke ich, dass ich schon einige Erfahrungen mit dem Gerät sammeln konnte.

Kein Fehlverhalten feststellbar

Vorab einen Disclaimer: Ich gebe hier keinen vollumfänglichen Testbericht ab. Ich habe auch keine Möglichkeiten, professionelle Messungen durchzuführen. Meine Erfahrungswerte beziehen sich zu 90% auf den Satellitenbetrieb. Es gibt einige Funktionalitäten, wie z.B. das DV-Modul, die ich noch nie angefasst habe und daher nicht mal ansatzweise kenne.

Es gibt selten Moment, in denen ich den IC-9700 ausschalte. Der TRX ist immer im Betrieb und empfängt die meiste Zeit Telemetriedaten verschiedenster Satelliten.  Wenn ich damit nicht auf Jagd nach Telemetriedaten bin, so widme ich mich zum grössten Teil den LEO-Satelliten, ISS oder nehme mal einem Contest teil.

 

Hinweis:

 

Wenn man "nur" einen SDR-Empfänger für den Telemtrieempfang einsetzen möchte, gibt es eine fast vollautomatische Lösung von SATNOGS. (Dazu mehr in einem späteren Blog).

 

In den 2 Jahren Dauerbetrieb konnte ich bis heute kein ungewünschtes Fehlverhalten feststellen. Das System ist nie abgestürzt oder gelangte an seine Grenzen. Selbst die zu Beginn publizierten Frequenzabweichungen wurden mit einem Softwareupdate gut (wenn auch nicht perfekt) behoben. Für meinen Anwendungsbereich reicht die Frequenzstabilität völlig aus. Selbst mit WSJT-X konnte ich Meteoscatter und andere Betriebsarten fahren. Allerdings muss ich fairerweise auch sagen, dass ich damit nicht auf 23cm EME unterwegs bin, wo in den Messungen auch die grösste Frequenzabweichungen festgestellt wurden.

Systemumfeld des IC-9700

Wer sich mit dem Empfang von Telemetriedaten schon auseinandergesetzt hat, weiss, dass es dazu einige unterschiedliche Applikationen benötigt. Der Grund ist, dass es bei den Telemetrieformaten kein einheitlicher Standard gibt. Viele Satelliten senden CW-Signale, andere ein FSK-Signal und wieder andere benutzen sehr exotische Telemetrieformate. Innerhalb der Formate kann auch die Modulationsart unterschiedlich sein sowie auch deren Geschwindigkeit. Das heisst, dass bei den meisten Telemetriedecodern zuerst ein Decoder für das Format vorgeschaltet werden muss, welches dann mit dem eigentlichen zusätzlichen Decoder in Werte umgesetzt wird.

Weiter musste ich feststellen, dass der Fox Telemetriedecoder (unabhängig vom IC-9700) mit den reinen Audiosignalen wenig anfangen kann. Dieser arbeitet viel besser mit I/Q-Signalen. Auch das FUNcube Dashboard ist mit I/Q-Signalen besser bedient. 

Und zu guter Letzt: Ich möchte ja nicht nur Telemetrie mit dem IC-9700 empfangen, sondern auch mit SSTV, WSJT-X, Free DV und anderen "Spielarten" qrv sein. 

All dies hat bei mir zur folgenden Systemumgebung geführt:

Etwa so ist der IC-9700 auf meinem Windowsrechner eingebunden. Ich verwende im Ganzen 3 Audio Ein- und Ausgänge. Über den USB Audio Eingang des IC-9700 wird das IF-Signal gesendet (Das IF-Signal ist gleichzeitig auch das IQ-Signal).
Risiko bei dieser Installation: Groundloops!

Viele dieser Applikation laufen Parallel. Mein schon etwas älterer Win10-Rechner kann dann schon mal an seine Grenzen kommen. Interessant ist es allemal, die Telemtriedaten zu empfangen und auszuwerten. 99% der empfangenen Telemetrie wird auch automatisch an die entsprechenden Data-Warehouses gesendet, in welchen meine empfangenen Daten mit weiteren Datenquellen aus aller Welt konsolidiert werden.

PE0SAT hat auf seiner Webseite eine Zusammenstellung publiziert, welche die verschiedenen Modes und möglichen Decoder aufzeigt.

 

Settings im IC-9700 

In den Settings des IC-9700 sind bei mir folgende Parameter gepflegt:

Connectors > External Speaker Separate "Mix"

Connectors > ACC AF/IF Output > AF/SQL Output Select "MAIN"

Connectors > ACC AF/IF Output > Output Select "AF"

Connectors > ACC AF/IF Output > AF Output Lecel "50%"

Connectors > ACC AF/IF Output > AF SQL "OFF (Open)" (Wichtig, damit schwache Telemetriesignale decodiert werden können)

Connectors > ACC AF/IF Output > IF Output Level "50%"

Connectors > USB AF/IF Output > Output Select "IF" (Damit wird über die USB Soundkarte des IC-9700 ein IF Signal gesendet)

Connectors > USB AF/IF Output > AF Output Level "50%"

Connectors > USB AF/IF Output > AF Output Level "50%"

Connectors > USB AF/IF Output > AF SQL "OFF (Open)"

Connectors > USB AF/IF Output > IF Output Level "50%"

Connectors > USB SEND/Keying > USB SEND: "USB (B) DTR" (Wichtig für UISS, da sep. Comport Steuerung für PTT)

Connectors > CI-V > CI-V Baud Rate "19200" (Hat sich für SatPC32 als idealer Wert erwiesen"

Connectors > CI-V > CI-V Transceiver "OFF"

Connectors > CI-V > CI-V USB Port "Link to [REMOTE]

Connectors > CI-V > CI-V DATA Baud Rate "19200" (Hat sich für SatPC32 als idealer Wert erwiesen)

Connectors > CI-V > CI-V DATA Echo Back "on"

PTT Port Function "PTT Input + SEND Output"

 

SatPC32 hat sich über viele Jahre als sehr zuverlässig und exakt erwiesen. Siehe dazu auch mein Blogeintrag zu den Tracking-Programmen. SatPC32 ist via Software-Interface an Cloudlog angeschlossen. Die Satellitendaten werden so automatisch im Logbuch korrekt übernommen.

Der IC-9700 im Satellitenbetrieb

Der IC-9700 beherrscht die Satellitenmodus die Transponderkombinationen V/U, V/L, U/V, UL, L/V und und L/U. Mit entsprechenden Transvertern sind selbstverständlich weitere Modes möglich.

Als Satelliten-Gadget hat Icom eine AFC mitgeliefert (Automatic Frequence Control). Die Meinung ist, dass damit der Doppler-Effekt im Empfangspfad automatisch korrigiert wird. 

In der Praxis hat diese Funktion Vor und Nachteile. Im Lineartransponderbetrieb für CW/SSB ist diese Funktion (ausser beim Empfang von Telemetrie) eher nachteilhaft. Hört man bei starker Belegung des Transponders auf ein leises, QSB behaftetes Signal, so kommt es vor, dass die AFC auf das nächst stärkere Signal umschaltet. Hier hat mich der IC-9700 schon ein paar mal "geleimt". Aber zeigt auch, dass ich die Funktion in der Praxis hie und da durchaus nutze. Die Bandbreite, innerhalb welcher die AFC wirken soll, kann in drei Stufen eingestellt werden: 5, 7 und 10 kHz.

Da SatPC32 kein eigentliches Trackingprogramm ist, kann die Software auch nur mit den Daten rechnen, welche sie als Basisdaten erhält. Dadurch kommt es zu Abweichung zur tatsächlichen QRG. Zum Beispiel sind die Keplerdaten nicht immer korrekt (kurz nach dem Start des Satelliten) oder sind aus irgendeinem Grund veraltet. Auch die PC-Uhr kann mal aus irgend einem Grund ein paar Sekunden falsch laufen.  Ohne AFC hört der Empfänger genau auf die QRG, die ihm SatPC32 vorgibt. Genau hier liegt aus meiner persönlichen Sicht der Nutzen der AFC: Sie schliesst den "GAP" zwischen Theorie und Ptaxis. Das zeigt sich dann besonders Nutzvoll wenn man auf der Jagd nach Telemetriedaten ist: SatPC32 gibt die grobe Frequenz vor und die AFC pegelt sich dann auf die genaue Frequenz ein. 

Zu 90% betreibe ich den IC-9700 zusammen mit SatPC32 im Satellitenmodus. Selten, dass ich manuellen Satbetrieb damit arbeite. Beim Betrieb über LEO Satelliten tue ich mich da auch ehrlich gesagt ein wenig schwierig. Das Bedienen über das Touchdisplay ist nicht so meine Sache. Hier habe ich mir vermutlich das Handling beim FT-736er über Jahrzehnte zu fest verinnerlicht. Auch mag ich die Fingerabdrücke auf dem Display überhaupt nicht. Aber ja, das ist schon jammern auf sehr hohem Niveau.

Wenn der IC-9700 mit SatPC32 (oder anderen Satellitenprogrammen) gesteuert wird, muss man sich an das aufblinken der VFO's gewöhnen. Für die Aktualisierung der Frequenz muss ein VFO aktiv geschaltet werden. Das führt jedoch zum Effekt, dass das Display bei starken Dopplereffekten, welche in sehr kurzen Sequenzen korrigiert werden, stets etwas nervös zu blinken scheint. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Aber ich würde es trotzdem schön finden, wenn die ICOM Softwareentwickler etwas Gehirnschmalz in die Optimierung der Visualisierung stecken könnten.

 

Betrieb über ISS (und anderen APRS-Satelliten)

Da der Betrieb für APRS und Direkt-Voice im 2m Band geschieht, kann der Satellitenmodus dafür nicht genutzt werden. Leider lässt es die Systemarchitektur von SatPC32 nicht zu, zwischen Satellitenmodus und Splitmodus zu wechseln. Denn genau letzters wird als Funktionalität für den Monobandbetrieb über die ISS verwendet. (Beim Crossband-Repeater jedoch wird wieder der Satmodus verwendet) DK1TB hat dazu eine eigene Software geschrieben: SatPC32ISS. Es ist eine abgespeckte Version von SatPC32, welche diesen Mode beherrscht. Die beiden Applikationen können jedoch nicht parallel laufen. Man muss zwingend die Andere Applikation beenden, bevor man die Eine startet. Dieses Manko hat aber nichts mit dem IC-9700 direkt zu tun. Jedoch gewöhnt man sich daran und erspart dadurch dem Rechner auch unnötige Ressourcenverschwendung.

Settings von Links nach Rechts: Fox TLM, Funcube Dashboard, SoundModem (Device und Modem)
In Fox TLM muss speziell "IQ" als Quellformat gewählt werden. Im Dashboard von Funcube wird das Format automatisch erkannt. Im SoundModem von UZ7HO haben sich diese Parameter als nutzvoll erwiesen. 

Optimierungspotential:

Es war schon komisch: Da gehörte ich zu den Ersten, die über einen der modernsten VHF/UHF Transceivern verfügte, aber zu erst gab es keine Software, welche die CAT dieses TRX standardmässig verarbeiten konnte. Mit einigen Workarounds ging es mit dem vorgaukeln von IC-9300 und begrenzt auch mit dem IC-7300. Auch heute noch muss ich feststellen, dass vor allem der Satellitenmode von den Softwareentwicklern nicht immer verstanden wird. Einmal mehr konnte DK1TB, Erich, als erster den TRX in seiner Applikation (SatPC32) einbinden.

Aber dies ist ja nicht direkt dem TRX selbst geschuldet. Worüber ich sehr erstaunt war ist, dass der TRX über keine eigentliche Transverteranschlüsse verfügte. Und noch viel schlimmer: Es gibt keinen Bandindikator für eine saubere Sequencesteuerung. (siehe auch Blogeintrag "So zerschiesst man einen Vorverstärker - eben nicht") Nun gibt es seit kurzem aber hierzu ein "Gadget" Namens PTT Multiplier - nicht von Icom. Darüber werde ich später in diesem Blog berichten.

 

Um nochmals auf den Transverter sprechen zu kommen: Nebst dem fehlenden Transverter Anschluss ist auch keine Transverter Frequenz einstellbar. Das finde ich sehr bedauerlich. Vielleicht liefert Icom diese sinnvolle Funktion einmal in einem späteren Firmwareupdate nach. Viele nutzen den TRX ja auch für QO-100. Da wäre es schön, wenn die richtige Up- und Downlinkfrequenz im Display angezeigt würde.

Fazit nach 2 Jahren Dauerbetrieb

Ich für meinen Teil bin mit dem IC-9700 sehr zu frieden. Mit ein paar wenigen und verkraftbaren Abstrichen tut der Transceiver im Satellitenbetrieb genau das, was ich erwarte. Auch ausserhalb des Satellitenmode scheint mir dieses Gerät eine gute Falle zu machen. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0